Marienkirche und Pfarramt

Marienkirche und Pfarramt in Chełmno

Auf diesem Foto sieht man den Hauptturm der Marienkirche. Gut erkennen kann man rechts des Hauptturms einen unvollendet gebliebenen zweiten Turm. Das Gebäude im Vordergrund ist das katholische Pfarramt (Rückseite) an der ul. Franciszkańska, hinter dem sich ein großer Garten erstreckt. Die lange Mauer grenzt diesen Garten von der ul. Szkolna ab. Als ich dieses Foto im März 2008 gemacht habe, stand ich auf der ul. Szkolna unmittelbar vor der Culmer Akademie.

Schotten in Culm

Religiös bedingte Verfolgung in ihrer Heimat, aber auch das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg veranlassten viele Schotten, ab dem 16. Jahrhundert ihr Glück auf dem europäischen Festland zu suchen. So siedelten sich schottische Familien auch im Weichselraum an, und zwar Protestanten vornehmlich in Danzig (Gdańsk) und Elbing (Elbląg), katholische Schotten unter anderem in der seit 1505 den Culmer Bischöfen gehörenden Stadt Culm, in der Katholiken besonders willkommen waren. Die Bischöfe bekämpften im 16. Jahrhundert die Reformation. Bischof Piotr Kostka (1574-1595) ordnete 1580 sogar an, dass diejenigen Einwohner protestantischen Glaubens, die sich nicht zum Katholizismus bekehren, die Stadt verlassen müssen. Erst 1678 garantierte Bischof Jan Małachowski Protestanten eine freie Ausübung ihrer Religion, um die Zuwanderung von Handwerkern aus Westeuropa zu fördern.
Sich in Culm niederlassende schottische Einwanderer integrierten sich schnell in die Gesellschaft. Einige von ihnen übernahmen führende Positionen im städtischen Leben. Einige Epitaphe (Gedenktafel für Verstorbene) in der Culmer Marienkirche erinnern an schottische Familie, die eine herausragende Stellung in der Stadt einnahmen.

Familie Forbes
Der 18-jährige Kaufmann Walter Forbes ließ sich 1696 in Culm nieder und war von 1725 bis 1733 gleichzeitig Ratsherr und Bürgermeister. Sein Vater war ein Grundbesitzer aus Roundlichnet in der Grafschaft Aberdeen. Sein Großvater mütterlichseits stammte ebenfalls aus dieser Region und besaß ein Gut in Bortie. Eine seiner Großmütter war Małgorzata Smith, die Tochter des Grundbesitzers Jakób Smith aus Rothiebeisben bei Aberdeen. Vermutlich waren es Mitglieder der bereits zuvor in Culm ansässigen Familie Smith, die Walter Forbes veranlassten, seine Heimat zu verlassen.
Sein Sohn Bałtazar war von 1719 bis 1721 in Culm als Richter tätig.
Walter Forbes’ Enkel Jerzy übte das Amt des Bürgermeisters aus, und zwar in den Jahren 1747 bis 1755. Er wurde 53 Jahre alt. Zwölf Jahre nach seinem Tod am 6. Oktober 1757 wurde in der Marienkirche ein Epitaph geschaffen.
Józef Forbes war in Culm von 1771 bis 1772 Richter und gehörte von 1769 bis 1774 dem Rat an.

Familie Czatter
Jan Czatter war von 1710 bis 1737 Bürgermeister von Culm, Piotr Dominik Czatter Ratsherr und Bürgermeister von 1761 bis 1769. Es bestanden verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie Smith. Für die Familie wurde um das Jahr 1725 ein Epitaph in der Marienkirche aufgestellt.

Familie Smith
Der 1685 geborene Jan Smith übte von 1704 (oder 1707) bis 1712 das Amt des Bürgermeisters aus. 1704 heiratete er Elżbieta Schulz. Er verstarb 1721 und wurde mit einem Epitaph in der Marienkirche verewigt. Sein Sohn Jerzy Smith war 1719 Richter, gehörte von 1713 bis 1737 dem Rat an und war von 1733 bis 1736 auch Bürgermeister.

Familie Walter
Der 1626 geborene Tomasz Walter kämpfte im Zweiten Schwedischen Krieg und wurde 1660 Bürgermeister von Culm. Bereits sein Vater Jerzy übte in der Stadt die Funktion eines stellvertretenden Bürgermeisters aus und sorgte 1644 für eine Instandsetzung der heute nicht mehr vorhandenen Georgskirche in der Graudenzer Vorstadt. Tomasz Walter stellte 1675 sein Haus am Markt (Ecke ul. Toruńska) für eine Vergrößerung des Priesterseminars zur Verfügung. Er starb am 9. Februar 1698.
Michał Walter war von 1718 bis 1725 Propst der Marienkirche in Culm.

Überliefert sind die Nachnahmen weiterer Familien schottischen Ursprungs, die sich in Culm niedergelassen haben: Gordon, Herwow, Ahorn, Dominik, Black und Arbuthynat (Arbuthnot)

Quellen:

  • Jan Nierzwicki, 700 lat parafii chełmińskiej, Grudziądz 1933, S. 42-44, 46, 72
  • Zenon Nowak, Dzieje Chełmna do końca XVIII wieku, in: Marian Biskup (Red.), Dzieje Chełmna i jego regionu, Toruń 1968
  • Tadeusz Chrzanowski / Marian Kornecki, Chełmno, Wrocław-Warszawa-Kraków 1991, S. 105 f

[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 17.02.2008]