Verfassungstag in Lisewo – 3. Mai 1929


Verfassungstag in Lisewo – 3. Mai 1929

Dieses Foto, veröffentlicht in der Tageszeitung Słowo Pomorskie vom 22. Mai 1929, zeigt, dass der Verfassungstag (3. Mai) in der Zwischenkriegszeit einen hohen Stellenwert genoss und selbst in kleineren Ortschaften Polens öffentlich begangen worden ist. Das Foto entstand am 3. Mai 1929 in Lisewo im Landkreis Chełmno (Culm).

Słowo Pomorskie 18.05.1922

 

  • Die Feierlichkeiten anlässlich des Verfassungstags am 3. Mai in Chełmno (Culm) fielen nach Angaben der Zeitung „unter Beteiligung einer großen Zahl von Teilnehmern und Abordnungen aus dem Landkreis imposant“ aus. Der Verfassungstag begann mit einer von Pfarrer Dr. Rogala gelesenen Feldmesse. Danach fand ein Umzug von Soldaten und Organisationen statt. Anschließend schüttete man nach einer Ansprache von Prof. Sławuski am Freiheitshügel Erde auf. Nachmittags veranstaltete das Komitee für Leibeserziehung sportliche Wettkämpfe, die neben einem Fußballspiel die Leichtathletikdisziplinen Hochsprung, Weitsprung, Diskuswerfen, Sprint und einen Dauerlauf umfassten. Am Abend hielt Prof. Dziedzic während einer Versammlung im Central-Hotel einen Vortrag und verglich die Verfassung vom 3. Mai 1791 mit der preußischen Verfassung aus der Vorkriegszeit sowie der neuen polnischen Verfassung vom 17. März 1921.
  • Auf Initiative des Kreistags sowie des Verbands zur Verteidigung der Westgebiete wurde am 8. Mai eine der Situation in Oberschlesien gewidmete Versammlung einberufen. Prof. Sławuski hielt einen Vortrag über den deutsch-polnischen Konflikt in dieser Region. Mit Resolutionen und einer Spendensammlung unterstützte man den polnischen Standpunkt.
  • Am 9. Mai hielt sich Ministerpräsident Ponikowski in Chełmno auf. Er wurde feierlich vor dem Landratsamt, vor dem Rathaus und im Magistrat empfangen. Danach besichtigte er die Marienkirche, das Kloster, das Krankenhaus und am längsten das Jungengymnasium, in dem er von Schulleiter Dr. Dziedzic herumgeführt wurde. Mit einem Schiff reiste nach seinem Besuch weiter nach Grudziądz (Graudenz).

 

Anmerkung: Der Hochschullehrer und Politiker Antoni Ponikowski (1878-1949) war vom 19. November 1921 bis 6. Juni 1922 polnischer Ministerpräsident.


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